Dass Kanye West offen für neue Versuche ist, bewies er schon mit "808's
& Heartbreak“, auf welchem er von der Autotune-Methode reichlich
Gebrauch machte. Auf "Yeezus" nutzt er ebenfalls vereinzelt die
prominente frequenzregelnde Praxis, um die Stimme zu pimpen, doch als
charakteristisch dringen andere Elemente in die Gehörgänge ein. Herr
West überrascht nämlich sowohl mit einer Instrumentensauerei wie auch
einer energetisch-vibrierenden Leere, die entweder durch relative
Strukturlosigkeit oder temporären Minimalismus auffallen. Er hat damit
einen prototypischen Antagonisten seines Debüts "The College Dropout"
erschaffen, welches sich akustisch noch stark makellos anfühlte. Seine
aus House-, Industrial-, und Elektro-Platten extrahierte Mischung
verdichtet sich tatsächlich zu einem Gemälde mit Rissen und unglatten
Stellen, wofür man ihn deutlich loben muss, da er durch seinen mutigen
Ansatz den Anforderungen des Massenmarktes trotzt und als Künstler nicht
stehen bleibt. Simultan dazu vermisse ich jedoch einen originären
Synergismus, der alle inhaltlichen und formellen Aspekte zu einer
Krafteinheit vereint und nicht nur lose und letztendlich kraftlos in der
Luft herumhängen lässt. So sehr hier auch versucht wird, die
Tonmuskulatur kräftig anzuspannen, die Synthesizer-Sixpacks zu
demonstrieren, an der Intensitätsschraube zu drehen und mit würdevoller
Düsternis zu punkten, es wirkt schlussendlich alles nur augenscheinlich
clever und hässlich. Da muss man gar nicht erst das fragwürdige
Frauenbild von Kanye West anprangern, um das Werk zu diskreditieren, wie
es einige pseudo-pfiffige Kritiker getan haben. Es reicht schon auf
gute Ansätze aufmerksam zu machen, wie es sie auf diesem Album zahlreich
gibt, die jedoch meistens durch lyrische Unfähigkeit und die
mittelmäßige Instrumentierung impotent gemacht werden.
Kanye West - Yeezus
2013
Label: Def Jam
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