Samstag, 10. Mai 2014

Drama Time

Schon 1995 als Tape unter die lokale Masse gebracht, wurde der Langspieler von J-Dawg und Threat dann ein Jahr später auf CD veröffentlicht und lässt für stolze Gangstarap-Suchtis kaum Wünsche offen. Wer einen Narren an druckvollen und melodischen Synthie-Produktionen mit Funk-Elementen gefressen hat, wird von "Drama Time" wahrscheinlich erst einmal nicht die Finger lassen können. Die Beats schwanken zwischen smooth und kantig, doch schwappt in diesen Stimmungsschwankungen nichts über, was das homogene Soundbild zum Zersplittern bringen würde. Das musikalische Fundament erweist sich als vielfältige Spielfläche für die Rapper und die lassen es sich nicht nehmen, ihren Rapstil den Themen und Beatunterlagen der Tracks anzupassen. Während der Trend im Geschäft um die besten und verkaufsträchtigsten Straßengeschichten nicht gerade der war, dass Künstler sich flexibel und biegbar zeigen sollten, um Respekt zu ernten, ergreifen diese beiden Brüder im Hip-Hop-Geiste die Gelegenheit, jeden Track einzeln zu rocken, anstatt auf die immer gleichen Flowmuster zu setzen. Das zahlt sich aus, denn das Album lässt auch aufgrund des mutigeren raptechnischen Ansatzes vieles von dem, was die Konkurrenz um diese Zeit gebracht hat, mit Leichtigkeit hinter sich. Doch mitnichten ist es fair, wenn man nur den technisch-musikalischen Aspekt von "Drama Time" abmisst und dabei den lyrischen Part außer Acht lässt. Von Texten nämlich, die im Verdacht stehen, ratzfatz zwischen zwei Drogen-Sessions angefertigt worden zu sein, wird man kaum Spuren finden können. Stattdessen entdeckt man hier ein Potpourri an Gedanken, Erkenntnissen und Weisheiten, die sich in der Summe als ein weiterer Beweis für die erfolgreiche Abgrenzung von Black Menace ausnehmen. Dass Pen & Pixel Graphics für diese in vielen Bereichen erstaunliche Südstaaten-Platte auch noch ein extrem cooles Cover erstellt haben, nennt man dann wohl Glück, das den Richtigen zukam.

Black Menace - Drama Time
1995
Label: Big Boy

In A Major Way

Bevor E-40 damit begann, jeden zweiten Song auf seinen Alben mit einem Gast auszustatten, konnte man noch auf "In A Major Way" einen profunden Blick auf dessen Skills werfen. Dieses Majordebüt, welches bei Jive 1995 herausgekommen ist, geht als essenzieller Bay-Area-Stuff durch, bei dem vieles passend erscheint und strahlende Momente mehr Potenz haben, den Zuhörer einzunehmen, als schreckliche Momente, ihn zu quälen. Mit "In A Major Way" gelang es dem Künstler, seinen exzentrischen Rapsstil in allen Ecken Amerikas zu verbreiten, während die vorherigen Soloreleases wie auch die erste Veröffentlichung (1992) der Gruppe The Click in erster Linie die Menschen an der Westküste erreichten (das erste Album dieser Gruppe wurde dann 1995 noch einmal über Jive in die Verkaufsräume geworfen). Die Unterstützung, die dieses Album bis heute erfährt, ist komplett nachvollziehbar, denn E-40s unverkrampfte Betonungsspielereien und kurze unvermittelte Tempobeschleunigungen harmonieren häufig auf eine faszinierende Art und Weise mit einem organischen klingenden musikalischen Fundament. Von Spezialisten für den quietschend-lockeren kalifornischen Sound wie Mike Mosley oder Studio Ton angefertigt, fährt der Sound nur selten die trockene Linie. Wenn es dann aber doch anders sein sollte, klingt dieser so überzeugend und selbstverständlich wie auf "Dey Ain't No" oder dem clever-nachdenklichen "It's All Bad", der den Abschluss bildet. E-40, den Kopf offensichtlich mit Drogentickerfantasien und Trinkergeschichten gefüllt, hat deshalb keine Schwierigkeiten, alle Karten richtig auszuspielen.

E-40 - In A Major Way
1995
Label: Jive

Montag, 5. Mai 2014

Ain't No Turnin Back

Gäbe es keine düsteren Nummern auf diesem Album, wäre "Ain't No Turning Back" wohl gleich viel unspektakulärer. Ironischerweise beschwichtigen den Hörer damit jene Songs, die für eine bewölkte und morbide Stimmung stehen. Die mit einem Houston-Kolorit gezeichneten Produktionen verblüffen einerseits aufgrund ihrer nicht gerade gleichgeschalteten Anordnungen und andererseits durch ihre spannend integrierten Einzelheiten, die die Interieurs der Produktionen aufwerten. Big 50, der auf den Mid-Tempo-Beats sehr gechillt wirkt, in der Hoffnung, dass diesem ihm nicht davonlaufen, verdient als Rapper allerdings kein größeres Augenmerk. Obschon seine Raps nicht das Potenzial mitbringen, seine Konsumenten vollkommen einzuschläfern, beschreibt man seine Leistungen am besten mit dem Begriff unscheinbar. Bemerkenswerterweise verzichtet der Künstlers auf jegliche Hilfe durch Gastrapper und reserviert die Beats für sich allein, um coole Baller-Posen einzunehmen, mit dem verbalen Knüppel auf busta ass niggas und player haters einzuschlagen und uns zu erzählen, dass nur seine Mama und die Geldscheine einen Platz in seinem Herzen haben. Das ist trotz allen Tadels eine sympathisch wirkende One-Man-Show, die mit den paradigmatischen Featuring-Strukturen, welche nach 1995 insbesondere in Gangstarapzirkeln dominant werden sollten, nicht belastet ist.

Big 50 - Ain't No Turnin Back
1995
Label: Tray Duce

The Natural

Versucht man Mic Geronimos Debüt mit bekannteren Alben zu vergleichen, fallen einem sofort zwei Gruppen ein, die 1995 ebenfalls jeweils ein Werk veröffentlichten. Da ist einmal "Dah Shinin" von Smif-N-Wessun, mit dem "The Natural" öfters die roughe Ästhetik verbindet. Aber auch an Mobb Deeps Überalbum "The Infamous" fühlt man sich hier erinnert, weil Mic Geronimo meistens textlich dieselben Themenfelder abgrast. Während die anderen Projekte aber von sehr talentierten Lyricists und prägnanten Produktionen zehren konnten, beschleicht den Hörer bei "The Natural" heute eher das Gefühl, dass da einer bloß auf der Trendwelle mitschwimmen wollte, um noch etwas vom Kuchen der Aufmerksamkeit abzubekommen. Sicher, dass auf dieser CD Jay-Z, DMX und Ja Rule, die man 1995 noch kaum zu den erwähnenswerten Rappern zählen konnte, gemeinsam auf einem Track zu bestaunen sind, lässt den Erstling - auch im historischen Kontext - nicht komplett überflüssig erscheinen. Dennoch sind die Lieder als Bündel eine Sache zum Ausharren, bei der man auf wenigstens einen genuinen Augenblick wartet, der dann allerdings trotzdem ausbleiben muss. An diesem Umstand können auch Namen wie Da Beatminerz oder Buckwild nichts ausrichten, die die Schwunglosigkeit des Projekts mitverantworten. Mic Geronimo und alle Beteiligten vertraten zwar dezidiert die Lehren der zu ihrer Zeit jüngeren Veröffentlichungen von der Ostküste, aber ihnen fehlte in diesem Fall das Geschick, aber ganz besonders auch ein Fundus, aus dem man sich nicht nur des durchschnittlichen Materials bedienen konnte.

Mic Geronimo - The Natural
1995
Label: TVT

Dienstag, 1. April 2014

The Second Album

Mehr als 15 Jahre haben Lateef the Truth Speaker und sein Partner Lyrics Born gebraucht, um sich für ein neues gemeinsames Studioalbum zusammenzusetzen. Ob ihre zweite Gruppenarbeit bei Fans der alternativen Westcoastszene ähnliche Beliebtheit erlangen wird wie der Vorgänger, darf jedoch bezweifelt werden. Zu oft schlägt man sich auf der aktuellen Veröffentlichung nämlich mit mittelmäßigen Beats und Versen herum, als hielte man nichts von der Tugend, sein Handwerk mit dem Anspruch auszuführen, dass man nur das beste Material benutzt, was einem zur Verfügung steht. Kennt man die Verbindungen, die beide Akteure haben, und kann man ihr Talent einschätzen, ist man nur noch niedergeschlagener von dieser akustischen Irrelevanz, bei der man vielleicht die Mühe heraushört, die hinter dem Projekt steckt, aber nur selten befriedigt feststellt, dass es sich bei den Liedern um mehr als nur Halbgares handelt. Wie auf ihrem Debüt von 1997 klingt Latyrx immer dann am besten, wenn sie in politische Gewässer eintaucht. Verlässt die Gruppe jedoch ihr seriöses Konzept, um sich abwechslungsreicher zu präsentieren, hinterlassen die Tracks bestenfalls einen beliebigen Eindruck. Ohne die Immanenz von politischer Kraft geht es bei ihnen anscheinend irgendwie nicht, was die Blackalicious-ähnliche Band besonders auf ihrem Nachfolger bestätigt. Das ärgerliche letzte Viertel lässt dann aber auch deutlich durchblicken, wie wenig Verbindung das Album mit einem wie auch immer beschaffenen Konzept aufweist. Dort reihen sich Lieder, die man wohl für viel zu gut gehalten hat, um sie dem fresssüchtigen digitalen Mülleimer zu übergeben, die aber genau diesem hätten zum Fraß übergeben werden müssen.

Latyrx - The Second Album
2013
Label: Latyramid

Montag, 31. März 2014

Conflicts & Confusion

"Conflicts & Confusion" ist ein in allen Zügen unterhaltendes Album, das sich aber weder mit spektakulären Einfällen noch durch eine vielgestaltige Ideenbasis von anderen Releases abzuheben weiß. Allerdings ist es auch keines von diesen merkwürdig toten, mechanisierten CDs, deren Geistlosigkeit kaum mehr übertroffen werden kann. Auf "Conflicts & Confusion" findet sich in brav-linearer Kompaktheit einfach das zusammen, was irgendwie auch zusammengehört. Rustikale Texte, die sich um bedächtige Schuldeingeständnisse, Verbrechenstouren und vergangene wie kommende Entgleisungen drehen, vorgetragen auf pfeifenden und basslastigen Produzentenbeiträgen. Rapper Crime Boss konzentriert sich ganz auf essenzielle Themen, anstatt überschwänglich dem Pimpshit zu frönen, kredenzt er zusammen mit der Gruppe The Fedz, die auf mehreren Tracks gefeatured sind, lieber ein Hardcore-Brett nach dem anderen. Das von Suave House stammende Album lässt sich wie alle übrigen Platten des Labels aus Houston leicht konsumieren, obschon es deutlich massenkompatiblere Werke gibt. Ein entscheidendes und prägendes Charakteristikum gibt es bei Crime Boss leider nicht, wenn man jedoch ein Merkmal nennen müsste, wäre das wohl seine Stimme. Das angenehm tiefe Organ des selbsternannten Verbrechenschefs liegt nämlich ziemlich gut auf den Produktionen von T-Mix und E-A-Ski, bleibt im Kopf hängen und drängt sich nicht in störender Weise auf. Unterm Strich ist der Nachfolger des Debüts "All In The Game" nicht als Vorbote irgendeines Trends zu betrachten, auch nicht wie ein Furunkel einer aus der ökonomischen Perspektive uninteressant werdenden Musikrichtung namens Ganstarap. Er ist nichts anderes als eine konventionelle Brühe bewährter Mittel und Styles - und das ist in diesem Fall sogar mal ausreichend.

Crime Boss - Conflicts & Confusion
1997
Label: Suave House

Yeezus

Dass Kanye West offen für neue Versuche ist, bewies er schon mit "808's & Heartbreak“, auf welchem er von der Autotune-Methode reichlich Gebrauch machte. Auf "Yeezus" nutzt er ebenfalls vereinzelt die prominente frequenzregelnde Praxis, um die Stimme zu pimpen, doch als charakteristisch dringen andere Elemente in die Gehörgänge ein. Herr West überrascht nämlich sowohl mit einer Instrumentensauerei wie auch einer energetisch-vibrierenden Leere, die entweder durch relative Strukturlosigkeit oder temporären Minimalismus auffallen. Er hat damit einen prototypischen Antagonisten seines Debüts "The College Dropout" erschaffen, welches sich akustisch noch stark makellos anfühlte. Seine aus House-, Industrial-, und Elektro-Platten extrahierte Mischung verdichtet sich tatsächlich zu einem Gemälde mit Rissen und unglatten Stellen, wofür man ihn deutlich loben muss, da er durch seinen mutigen Ansatz den Anforderungen des Massenmarktes trotzt und als Künstler nicht stehen bleibt. Simultan dazu vermisse ich jedoch einen originären Synergismus, der alle inhaltlichen und formellen Aspekte zu einer Krafteinheit vereint und nicht nur lose und letztendlich kraftlos in der Luft herumhängen lässt. So sehr hier auch versucht wird, die Tonmuskulatur kräftig anzuspannen, die Synthesizer-Sixpacks zu demonstrieren, an der Intensitätsschraube zu drehen und mit würdevoller Düsternis zu punkten, es wirkt schlussendlich alles nur augenscheinlich clever und hässlich. Da muss man gar nicht erst das fragwürdige Frauenbild von Kanye West anprangern, um das Werk zu diskreditieren, wie es einige pseudo-pfiffige Kritiker getan haben. Es reicht schon auf gute Ansätze aufmerksam zu machen, wie es sie auf diesem Album zahlreich gibt, die jedoch meistens durch lyrische Unfähigkeit und die mittelmäßige Instrumentierung impotent gemacht werden.

Kanye West - Yeezus
2013
Label: Def Jam

Jake The Flake & The Flint Thugs

Wenn man über Gangstarap aus dem Underground spricht, wird man sich zwangsläufig auch mit der Stadt Flint im Bundesstaat Michigan beschäftigen müssen, die einige der talentiertesten Kompromissverweigerer hervorgebracht hat. Aus dem Ort, der in Statistiken Jahr für Jahr als einer der gefährlichsten der gesamten USA ausgewertet wird, firmieren die bekanntesten Straßenhelden unter Namen wie Dayton Family und Top Authority. Wenn es um Solokünstler geht, steht neben Billboard-Stürmer MC Breed auch ein Typ mit dem Künsteralias Jake The Flake, der in seiner Karriere zugegebenermaßen weniger Fame abbekam, der jedoch keinesfalls den Genannten in Sachen Talent und Themenfixierung irgendwie nachsteht. Wie es für das Flintrap-Ambiente typisch ist, erliegt auch Jake The Flake nicht der Idee, große und tiefschürfende Gedankenfetzen über das Weltgeschehen abzufeuern. Stattdessen kippt er arrogante Gangstatales und rüde Dealerskizzen über unverkrampfte Synthieproduktionen, dass es nur so nach einer Überhöhung des Gangsterlebens stinkt. Allerdings weiß der schwer hustlende Jake trotzdem um uncoole Sichtweisen bescheid, weshalb er sich hin und wieder ebenfalls um die Kehrseiten eines Gauner-Lifestyles kümmert. Instrumentiert wurde das Compilation-artige "Jake The Flake & The Flint Thugs" größtenteils von Sinister Prime und Frank G, die ihren Sound frei von exotischen Bestandteilen gehalten, dagegen auf Altbekanntes aus Flint gesetzt haben. Eingeweihte wissen bei dieser Formulierung, dass es sich natürlich nur um knackig-rumsende Drums und monströse Basslines handeln kann. Gleichzeitig spielt man aber genauso mit Kontrasten, unterläuft die Hardcoreness durch weich klingende Melodien. Doch das greift in keinem Fall die morbide Gesamtatmosphäre an, weitet sie hingegen vielmehr aus.

Jake The Flake - Jake The Flake & The Flint Thugs
1998
Label: Power 

Samstag, 29. März 2014

Ragnarok

"Ragnarok", ein auf 100 Tapes limitiertes Projekt, welches über die kleine Firma I Had An Accident Records in Umlauf gebracht wurde, pendelt, die Ohren verwöhnend, stimmungs- und gefühlsmäßig zwischen kollektiver Schwermut und individueller Perplexität, also verdüsterten Perspektiven auf die existenziellen Fragen. Der Begriff Ragnarok soll in der nordischen Mythologie für den massiven Umbruch der sozialen Systeme stehen, die mit dem Andauern von drei langen Wintern schließlich ihr Ende finden, weil sich die Moraldefinitionen der Menschen negativ verschieben. Diesem apokalyptischen Albtraumbild verpasst der in Philadelphia lebende Ill Clinton einen Sound, der manchmal kraftlos wirkt, weil der Produzent beispielsweise häufig mit hohlen Drums operiert, der aber durch seine Fragilität auch gleichzeitig das Motiv der bevorstehenden Komplettzerstörung genial nutzt, um beim Zuhörer ein entsprechendes Kopfkino in Gang zu setzen, welches die verschiedenen Soundflächen mühelos bebildern kann. Das Instrumentalalbum bietet auf 14 kurzen Tracks, die aufgrund ihrer gleichen musikalischen Lokalisierung so etwas wie einen roten Faden erkennen lassen, eine fast gespenstische Ausstrahlung, deren beste Momente auch Soundspuren eines Spielfilmes füllen könnten. Allerdings wünscht man sich, dass Ill Clinton verzogener wirkt, um ein wenig aus den Mustern ausbrechen zu können und etwas kompliziertere Strukturen nicht zu kurz kommen zu lassen, damit mehr Abwechslung hereinkommt.

Ill Clinton - Ragnarok
2013
Label: I Had An Accident

Twelve Reasons To Die

Obwohl Ghostface Killah mittlerweile schon seit 20 Jahren Veröffentlichungen mit seiner superben Stimme und seinem famosen Flow bereichert, hat dieser Kerl immer noch nicht genug davon, den Kreativen zu spielen. Seine Solokarriere umfasst nun schon zehn Studioalben und ist die mit Abstand eindrucksvollste aller Clan-Mitglieder. "Twelve Reasons To Die" fügt dem reichen Katalog fraglos einen weiteren Höhepunkt hinzu, da der Rapper vergnüglich seine süchtig machenden Raps mit dem auf CD gebannten B-Movie-Flavour verquicken kann und weil dessen Partner Adrian Younge ihn regelrecht mit seinen geschmackssicheren, aber auch verdammt spannenden Produktionen auf insgesamt 12 Anspielstationen verwöhnt. Die anachronistische musikalische Stimmung ist dabei keineswegs so trocken oder vorhersehbar, wie sie schon des Öfteren zu hören war, sondern kann trotz all ihrer anständigen Gepflegtheit auch verletzlich oder unheimlich dreckig wirken. Ghostface versucht dagegen überzeugend die Brutalo-Klaviatur zu spielen, indem er die verschiedenen Ministorys einer filmwürdigen Geschichte mit unverstelltem Zynismus ausstattet und seine Finger nicht von Mafia-Referenzen lässt. Das ist so unwiderstehlich und jaw-dropping, dass selbst das etwas formelhafte und ausgelutschte damsel-in-distress-Motiv da kaum negativ ins Gewicht fällt. Ein paar Monate später erschien übrigens noch eine ganz offizielle alternative Version zum originalen "Twelve Reasons To Die", die den Untertitel "The Brown Tape" trägt und vollständig vom Detroiter Beatbauer Apollo Brown produziert wurde.

Ghostface Killah - Twelve Reasons To Die
2013
Label: Soul Temple

Wolves in the Bronx

Wenn der laute Stoff, den die Radiosender rauf und runter spielen auffälliger Einheitsbrei ist, dann repräsentieren die Anspielangebote auf "Wolves in the Bronx" einen unauffälligen Einheitsbrei, der sich zwar anderer Formeln bedient, aber letztendlich doch zu einem ähnlichen Ergebnis kommt. Obschon es dem Album von Seven Star an roher Schlechtigkeit mangelt und der Reimakteur mit Sicherheit kein Fatzke mit peinlicher Realitätsverzerrung ist, sind es nur wenige Dinge, die man "Wolves in the Bronx" positiv zuschreiben kann. Löblich ist es allerdings, dass man es nur bei neun durchschnittlich langen Tracks belassen hat, anstatt dem Konsumenten noch weitere Zeit von seinem ohnehin nicht üppigen Konto zu stehlen, die dieser in eine andere Beschäftigung vielleicht hätte besser investieren können. Vermag der durchgehende Hunger des Emcees nach analysierender Introspektion noch bewundernswert sein, wischt die ärmliche Equipierung des stark limitierten und meist drucklosen Conscioussounds alle Hoffnungen weg, in diesem Werk etwas Profundes zu entdecken, was tatsächlich über den bedürftigen Selbsttherapieversuch eines nachdenklichen Künstlers hinausgeht. Dieser tingelt schlussendlich auch nur von einem Track zum nächsten, ohne auffällig zu werden und echte Akzente auf den halbdunklen Beats zu setzen.

Seven Star - Wolves in the Bronx
2013
Label: -

Mittwoch, 12. Februar 2014

Ceremony

Beim sehr gesittet ausgefallenen "Ceremony" stehen positive Messages an erster Stelle und die auf Entspannung setzenden Beats fördern die Lyrics in ihrem Engagement, Menschen eine andere Denkkultur vorzustellen, als die, die sie vielleicht aus anderen Hip Hop Songs oder ihrer erlebten Realität kennen. Doch die geschmackskorrekten Soul- und Jazz-Formen weisen kaum Spuren einer halbwegs originellen Konzeption aus, die das Album in seinem Geist auffrischen und den eher öden Inhalt aufwerten könnte. Denn die einzigen Töne, die man für überraschend halten kann, wenn man es denn wirklich will, sind Scratches. Wie Mittel, die auf die Wurzeln des Genres verweisen sollen, tauchen sie auf, um den vermeintlich anti-formelhaften Part zu spielen. Aufgrund der fehlenden Effektivität, die insbesondere von musikalischer Seite aus geht, bleibt das das von potenziellen Experimentiersünden Abstand haltende Werk ein weiterer Aufguss des Post-90s-Conscious-Weicheisounds, der sich mutigen Schritten verweigert und ohne Elan bleibt. Kurz vor dem Ende aber, dort wartet Raashan Ahmad mit einer verdammt guten Nummer auf, die wirklich Spaß macht, einen tollen Vibe mitbringt und mit den von mir im Hip Hop oft vermissten Pfeif-Einlagen nicht spart. Kein schlechtes Release, aber austauschbar wie ein Lokal, in dem man sich mit Leuten unterhalten kann. Es liefert eben das Minimum.

Raashan Ahmad - Ceremony
2013
Label: JAKARTA